Wie messe ich Ressourceneffizienz? Diese Frage wird zur Zeit gründlich diskutiert. Gerade die Bauwirtschaft ist mit vielen oft komplizierten Standards, Regelwerken Gütesiegeln und Normen bereits stark auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Ist das genug um Ressourceneffizienz zu messen?
Der Indikator Rohstoffproduktivität
Der Rohstoffverbrauch wird in den Systemen zur Nachhaltigkeitsbewertung von Bauwerken bisher nicht ausreichend abgebildet. In der politischen Diskussion zur Ressourceneffizienz ist aber gerade die Rohstoffproduktivität der relevante Indikator.
Rohstoffproduktivität ist die Relation von Bruttoinlandsprodukt (BIP, preisbereinigt) zum Verbrauch an nicht erneuerbaren Rohstoffen (Einsatz von Primärmaterial, gemessen z.B. in Tonnen). Die Rohstoffproduktivität ist zwischen 1994 und 2011 bereits um 43,6 % gestiegen. Bei rückläufigem Materialeinsatz (– 11,8 %) stieg dabei das BIP um 26,6 %. Die Zunahme der Rohstoffproduktivität zwischen 1994 und 2010 ist vor allem auf einen rückläufigen Einsatz von Baurohstoffen um 34,4 % bzw. 274 Millionen Tonnen zurückzuführen.
Einerseits hat die Bautätigkeit offensichtlich hohen Einfluss auf diesen wichtigen Nachhaltigkeitsindikator, andererseits ist diese Kennzahl für die Messung der Nachhaltigkeit am Bau nur bedingt geeignet. Schließlich sind viele mineralischer Baustoffe einerseits sehr schwer, andererseits durch Verwendung am Bau nicht zwangsläufig verbraucht. Der ökologische Impact der Verwendung von Sanden und Kiesen zum Verfüllen von Baugruben oder ähnlichem erscheint auf den ersten Blick weit weniger drastisch als die massive Verwendung seltener Erdmetalle in der Elektronikindustrie, auch wenn hiervon weitaus geringere Massen verbraucht werden.
Für importierte Waren wurde bereits ein erweiterter Rohstoffindikator entwickelt, der über sogenannte Rohstoffäquivalente („Rucksäcke“) berücksichtigt, dass die eingesetzten Rohstoffe im Ausland produziert und aufbereitet werden mussten und diese in die Ermittlung der Rohstoffproduktivität Deutschlands angemessen einfließen müssen. Die Entwicklung eines „bautauglichen“ Indikators für die Ressourceneffizienz der Bauwirtschaft wird aktuell diskutiert.
Erliegt man jedoch der Verführung, nur auf die Kennzahl Rohstoffeffizienz zu sehen, vergisst man den wichtigsten Nachhaltigkeitshebel der Bauwirtschaft. Betrachtet man die vergleichsweise sehr langen Nutzungsdauern von Bauwerken (im Hochbau ca. 80-100 Jahre), so erweist sich der akkumulierte Energieverbrauch des Gebäudes in der Nutzungsphase meist als der größte Anteil am Ressourcenverbrauch eines Bauproduktes. Er kann die Ressourceninanspruchnahme für Herstellungsenergie und erforderliche Materialien bei Weitem übersteigen. Daraus folgt:
Ressourceneffizienz im Bauwesen ist nur über Energieeffizienz in der Nutzungsphase möglich, also über eine Minimierung des Energieverbrauchs für Raumwärme. Das macht u.a. den Einsatz höherer Baustoffmengen für eine wärmedämmende Gebäudehülle erforderlich. Zielkonflikte Energieeffizienz und Materialeffizienz sind hierdurch vorprogrammiert. Vielleicht ist gerade am Bau die Frage: „Welche Baustoffe werden eingesetzt?“ viel wichtiger als die Frage nach der Masse.
Folgende frei verfügbare Informationssysteme können Architekten und Fachplanern bei der Auswahl helfen. Die darin enthaltenen Baustoffdaten können auch für die Ökobilanzierung von Gebäuden verwendet werden. Eine Ökobilanz enthält auch Kennwerte für die Rohstoffeffizienz des Gebäudes.
Umweltproduktdeklaration (Environmental Product Declaration, EPD)
Hilfestellung bei der Auswahl nachhaltiger Baustoffe bieten u.a. die Umweltproduktdeklaration (Environmental Product Declaration, EPD) für Bauprodukte. Eine solche Produktdeklaration enthält auf wenigen Seiten umweltrelevante Informationen zur Ökobilanz und dem gesamten Lebensweg eines Produktes. Neben bauphysikalischen Informationen werden Angaben zu den Grundstoffen und deren Herkunft gemacht, der Herstellungsprozess wird beschrieben und Hinweise zur Verarbeitung gegeben. Auch technische Aspekte, Nachweise und Prüfungen, zum Beispiel bezüglich Schallschutz oder Brennbarkeit, sind dokumentiert.
Kernelement der Produktdeklaration ist eine Ökobilanz nach klar vorgegebenen Regeln. Für jedes Produkt müssen Ökobilanzdaten zur Verfügung gestellt werden, von der Rohstoffnutzung bis zum Fabriktor, auch inklusive der Nutzungs- und Nachnutzungsphase. Die Prüfkriterien sind unter Einbeziehung unabhängiger Dritter entwickelt und die Deklarationen werden unabhängig überprüft. Das Institut Bauen und Umwelt e.V. (IBU) organisiert das deutsche Deklarationssystem für EPDs von Bauprodukten. Mittlerweile erarbeiten bereits über 100 Hersteller EPDs.
Das ökologisches Baustoffinformationssystem Wecobis
Bei der Auswahl nachhaltiger Baustoffe hilft auch Wecobis. Es bietet für die wichtigen Bauproduktgruppen und Grundstoffe umfassende, strukturiert aufbereitete, herstellerneutrale Informationen zu gesundheitlichen und umweltrelevanten Aspekten einschließlich möglicher Anwendungsbereiche. Diese Informationen werden für die Lebenszyklusphasen Rohstoffe, Herstellung, Verarbeitung, Nutzung und Nachnutzung zur Verfügung gestellt. Sie unterstützen den Planer bei der Auswahl geeigneter Baustoffe unter Berücksichtigung von umwelt- und gesundheitsrelevante Parameter.
Baustoffdatenbank oekobau.dat
Ökobau.dat ist eine deutsche Baustoffdatenbank für die Bestimmung globaler ökologischer Wirkungen des Einsatzes bestimmter Baustoffe in Bauwerken. Neben mineralischen Baustoffen, Dämmstoffen, Holzprodukten, Metallen, Anstrichen und Dichtmassen sowie Bauprodukten aus Kunststoff sind auch Komponenten von Fenstern, Türen, Fassaden und Gebäudetechnik erfasst. Mit der Aktualisierung 2013 stehen jetzt über 1.300 Datensätze für die ökologische Bewertung von Gebäuden über den gesamten Lebenszyklus zur Verfügung.
Lesetipp
Diese Publikation erläutert auch ausführlich die Berechnung der "offiziellen" Nachhaltigkeitsindikatoren. Hierzu gehören auch die Indikatoren zu Messung der Ressourcenschonung, Energieproduktivität, Primärenergieverbrauch und der Rohstoffproduktivität.
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